Schlangenkopffische sind doch Aquarienfische!

Hans Gonella - Dem Autor mailen

Table of Contents (ToC)

  1. Ungerechtfertigt verhasst
  2. Anpassungsfähige Fische
  3. Klein und Fein
  4. Durchdachte Überlebensstrategie
  5. Pflegeanforderungen
  6. Raubfischfutter in Mengen herbeischaffen
  7. Unverträgliche Gesellen?
  8. Vermehrung
  9. Englische Version

Unter den vielen Raubfischen, die mehr oder weniger häufig in Aquarien gepflegt werden, haben die Schlangenkopffische eines der schlechtesten Images ­ und dies zudem noch ungerechtfertigt.

Ein viel verwendetes Zitat ist: «Schlangenkopffische sind keine Fische fürs Gesellschaftsaquarium» . Damit verunmöglichen Generationen von Aquarianern schon seit Jahrzehnten, daß die Schlangenkopffische einen festen Platz in der Aquaristik einnehmen können. Warum dies so ist, liegt auf der Hand. Die meisten Arten unter den Schlangenkopffischen erreichen beachtliche Körpermasse. So beispielsweise der Argus-Schlangenkopffisch, Channa argus , er wird etwa 80 cm lang und ist dabei noch nicht mal so groß. Manche Schlangenkopffische erreichen Körperlängen von 120 cm und sind dabei wahre Schwergewichte um 10 kg.
10 kg C. micropeltesThis C. micropeltes can hardly be called an aquarium fish. At least for at home. This fish weights 10 kg and is caught in Thailand. Now one easily understands why this fish is commonly called «Giant snakehead».

Ungerechtfertigt verhasst

Gelegentlich können Schlangenkopffische als Jungfische im Zoofachhandel gesichtet werden. Verkaufen lassen sie sich aber höchst selten. Durch ihre ausgesprochen schöne Färbung gibt es jedoch einen kleinen Kreis von Spezialisten, die sich ­ trotz aller Unkenrufe ­ begeistern können und den oft bunten Fischen ein geräumiges Aquarium anbieten. Darin wachsen die Fische ­ sehr schnell ­ zu meist unscheinbar gefärbten «Monstern» heran. Letzteres ist eher als eine niedergeschriebene Narretei zu betrachten, als daß dieses ungerechtfertigte Prädikat den wahren Charakter dieser wundervollen Fische wiedergibt. Dennoch führen die gewaltige Körpergröße und auch Gefräßigkeit der Fische dazu, daß die Schlangenkopffische in unseren Aquarien seltene Gäste bleiben. Nun soll von der gängigen Meinung abgewichen werden, denn die Schlangenkopffische sind durchaus überaus interessante und empfehlenswerte Aquarienfische. Der Grund dafür ist, daß es unter den Schlangenkopffischen auch einige kleinere Arten gibt, die mit ihren Körperlängen zwischen 20 und 35 cm auch in Heimaquarien zufriedenstellend gepflegt werden können.

ToC

Anpassungsfähige Fische

Die Schlangenkopffische sind im tropischen Asien weit verbreitet. Es sind rund 25 verschiedene Arten bekannt, wobei manche Arten jedoch selten sind und nur hin und wieder gefangen werden. Ebenso unterschiedlich wie die Fische selbst, so verschieden sind auch ihre angestammten Lebensräume. Sie kommen sozusagen in allen Gewässertypen vor, in schnellfließenden Gebirgsbächen, Flußsystemen und Kanälen zu den Reisfeldern, selbstverständlich haben sie auch stehende Gewässer erobert und können selbst noch in Tümpeln leben. Neben Asien besiedeln die Schlangenkopffische zudem noch einige Regionen in Afrika ­ sie alle charakterisiert jedoch eine beachtliche Körpergröße.

ToC

Klein und Fein

Zu den kleineren Schlangenkopffischen zählen drei verhältnismäßig bekannte Arten. Eine davon, Channa bleheri , wurde erst 1991 in Assam (Nordostindien) entdeckt. Weiter ist Channa orientalis von Sri Lanka bekannt. Sie wird häufig mit der Art Channa gachua verwechselt, die ein großes Verbreitungsgebiet hat, welches sich von Pakistan, über Indien bis Myanmar sowie Vietnam und Thailand bis Malaysia ausdehnt. Sogar auf der Insel Bali wurde sie schon nachgewiesen. Die beiden Arten lassen sich anhand der Bauchflossen jedoch leicht unterscheiden.
picture of C. bleheriOne of the most colorfull dwarf snakeheads: Channa bleheri
Channa gachua besitzt ein Paar Brustflossen, die C. orientalis wiederum fehlen. Alle diese Fische erreichen eine Körperlänge von etwa 20 cm. Somit wird es auch möglich, sie zusammen mit anderen Fischarten zu vergesellschaften. Voraussetzung ist, daß diese nicht der Beutegröße entsprechen beziehungsweise ins Maul der Schlangenkopffische passen.

ToC

Durchdachte Überlebensstrategie

Die Schlangenkopffische zählen zu den Labyrinthfischen. Diese Fischgruppe verfügt über ein zusätzliches Atmungsorgan, welches erlaubt, atmosphärische Luft zu atmen. Hierbei handelt es sich um eine mit Luft füllbare Kammer, die sich sozusagen über den Kiemen befindet. Diese Kammer ist von einer gut durchbluteten, faltigen Haut überdeckt, und deren Funktion kann in gewisser Weise mit der einer Lunge verglichen werden.
suprabranchial organ of C. striata by CuvierThis is one of the oldest drawings of the suprabranchial organ by Cuvier (1832). For this Channidae are well known in Ichthyology
Dank des zusätzlichen Atmungsorgans können die Fische auch im sauerstoffarmen Wasser überleben, falls die Kiemen nicht mehr in der Lage sind, durch Sauerstoffversorgung die Körperfunktionen aufrechtzuerhalten. Fehlt es im Wasser an ausreichend Sauerstoff, können die Schlangenkopffische beobachtet werden, wie sie regelmäßig schnell zur Wasseroberfläche hinaufschwimmen, um nach Luft zu schnappen und sogleich wieder im Versteck zu verschwinden. Diesem Verhalten entsprechend ist bei den Schlangenkopffischen ­ wie bei allen anderen Labyrinthfischen auch ­ darauf zu achten, daß die Luft über dem Aquarium eine gute Qualität aufweist.

ToC

Pflegeanforderungen

Je nach Anzahl gepflegter Fische benötigen die kleinwüchsigen Schlangenkopffische Aquarien mit 100 bis 200 l Wasserinhalt. Ideal ist die Paarhaltung, die bei einem Aquarium von rund 100 l Wasserinhalt möglich ist. Leider sind die Geschlechter nicht ohne weiteres zu unterscheiden, so daß nach der Paarzusammenstellung eine angestrebte Nachzucht auch etwas Glück erfordert. Mitunter gebärden sich die Tiere untereinander recht unverträglich, was jedoch keine Rückschlüsse auf die Geschlechterverteilung zuläßt.

Damit die Schlangenkopffische nicht herausspringen ist es wichtig, das Aquarium mit einer Abdeckung zu versehen. Ebenfalls ist es unentbehrlich, das Aquarienwasser gut zu filtern, da die stets hungrigen Fische über ihren Stoffwechsel große Schadstoffmengen produzieren und damit die Wasserqualität beeinträchtigen. Und obschon die Schlangenkopffische als recht anspruchslose Pfleglinge erscheinen, ist für eine dauerhafte Pflege ein regelmäßiges Wasserwechseln natürlich unentbehrlich. Damit die Fische im Aquarium einen artgemäßen Lebensraum vorfinden, ist darauf zu achten, daß viele Verstecke vorhanden sind. Diese können in Form von Moorkienwurzeln, halbierten Kokusnußschalen und dichten Pflanzenbeständen angeboten werden. Allerdings sind die Pflanzen gut zu verankern und gegebenenfalls mit Steinen zu sichern, da sie sonst von den gelegentlich ungestümen Schlangenkopffischen herausgerissen werden. Darüberhinaus geben viele Pfleger den Fischen Buchenlaub oder Bio-Leaf ins Aquarium, was sich günstig auf die Gesunderhaltung der Fische auswirkt.

ToC

Raubfischfutter in Mengen herbeischaffen

In einem bestimmten Punkt unterscheiden sich die Schlangenkopffische in keiner Weise von anderen Raubfischen. Sie können nur bedingt mit Flockenfutter oder anderen industriell hergestellten Futtersorten gefüttert werden. Ihre Vorliebe gehört tierischer Frischkost, die allerdings auch fast ausschließlich aus in Streifen geschnittenem Fischfleisch bestehen darf. Weiter können sie an Regen- oder Mehlwürmer gewöhnt werden. Ihnen können die Schlangenkopffische ­ schon der Bewegungen wegen ­ kaum widerstehen. Überhaupt schnappen die Fische nach allem, was sich bewegt. Dies auch, wenn es nicht einmal ins Maul paßt. So lernen sie, was freßbar ist und von welcher vermeintlichen Nahrung lieber abzulassen ist. Der jeweiligen Wachstumsphase entsprechend fressen die Schlangenkopffische auch gerne Insektenlarven wie Rote Mückenlarven und anderes ­ auch in Form von Frostfutter.

ToC

Unverträgliche Gesellen?

Sofern Schlangenkopffische von klein an gewöhnt sind, mit anderen, größeren Fischarten zusammenzuleben, bleiben sie auch im Erwachsenenalter relativ verträglich. Jedoch versuchen sie, nach jedem neu eingebrachten Fisch zu schnappen ­ selbst dann, wenn dieser kaum ins Maul paßt. In aller Regel merken sie sehr schnell, daß die vermeintliche Beute in Ruhe gelassen werden muß. Insbesondere größere, wendige Fischarten oder Welse lassen sich gut mit Schlangenkopffischen vergesellschaften, während es mit eher trägen Fischen ­ beispielsweise solchen mit Schleierflossen ­ häufig Probleme gibt. Gegebenenfalls müssen wiederholt attackierte Fische aus dem Aquarium entfernt werden.

ToC

Vermehrung

Den Normalaquarianern gelingen wohl nur Zufallszuchten, da es schwierig sein kann, ein harmonierendes Paar zusammenzustellen. Dies, weil ­ wie schon erwähnt ­ die Männchen nur unzureichend von den Weibchen unterschieden werden können. Bei gleichaltrigen Exemplaren sind die Weibchen meist etwas kleiner. Spezialisten erkennen die Weibchen auch an ihrem Laichansatz und dem dementsprechend dickeren Bauch (Anmerkung: was mir nie gelungen ist). Während der Fortpflanzungsphase scheint das Paar untereinander um einiges verträglicher zu sein. 1 Zugleich sucht das Männchen einen Laichplatz aus.
coupling of C. gachuaSchematische Zeichnung eines C. gachua Paares bei der Paarung.
Die komplexen und in mehrere Phasen unterteilen Paarungs- beziehungsweise Vermehrungsvorgänge ähneln in einigen Punkten denen anderer Labyrinthfische, da sich die Fische beispielsweise auch umschlingen. Nach dem Ablaichen nehmen die Weibchen, manchmal auch beide Elternteile, den Laich ins Maul, um ihn dort auszubrüten. 2 Die Brutpflege der freischwimmenden Jungfische wird, je nachdem, auch von beiden Eltern gleichermaßen übernommen. Dabei umschwärmen die Kleinen ihre Eltern eifrig. Manche Züchter glauben, beobachtet zu haben, daß die Jungen von der Haut der Eltern Körperschleim fressen. Tatsächlich werden die Jungen in der ersten Zeit jedoch vom Weibchen mit unbefruchteten Eiern ernährt. In den Folgewochen verblaßt die Babyfärbung langsam. In dieser Phase beginnt die Aufzucht schwierig zu werden, da die Jungfische sozusagen ihr Tarnkleid erhalten und damit beginnen, selbst gegenüber den kleineren Geschwistern hartnäckige Jagdversuche zu unternehmen.

ToC

Anmerkungen

1 Diese Andeutungen entsprechen nicht den Erfahrungen und der Literaturkenntnis von snakeheads.org - was immer das auch heissen mag ;-) Es gibt nur wenige Arten, bei welchen man gut einen Geschlechtsdimorphismus erkennen kann. Jedoch die Grösse gibt keinerlei Hinweis. Das sicherste Zeichen eines Paares ist zum Zeitpunkt, zu welchem sich das Paar aus einer Gruppe adoleszenter(!) zusammenfindet: das Paar bleibt stets zusammen und das Weibchen verscheucht heftig die Artgenossen vom gewählten Laichplatz. Das Weibchen übernimmt dabei die aggressive Verteidigungsarbeit, da das Männchen die Brutpflege übernimmt. Dass das Weibchen die Brutpflege innehat ist ECHTES Channa Latein!! Sollte man in der glücklichen Lage sein, aus einem vollen Channa Becken aussuchen zu können, ist je nach Alter der Fische eine Zeit der Beobachtung der Gruppe ratsam, um evtl. Paare entdecken zu können. Bei den kleineren Channa ist die Geschlechtsreife am 12 bis 15 cm schon vorhanden, was einem Alter von ca. 1 Jahr ungefähr entspricht. Inzwischen ist schon bei vielen kleinbleibenden Channa Arten das Eierfüttern bestätigt. Von keiner dieser Arten ist die Brutpflege durch ein Weibchen je bekannt geworden. [snakeheads.org] Back

2 Diese Form des Laichvorganges stimmt nur für fast alle kleinbleibenden Channa Species, welche man bisher nachgezüchtet hat. Channa bleheri ist die Ausnahme. Die Zucht von C. bleheri kann in diesem Artikel nachgelesen werden. [Ulrich für snakeheads.org] Back

Acknowledgement and Source(s)

This text was originally published under the above title in: Aquarium live, Juni/Juli 2003 , Nr. 3 pp. 62-65 . The author has granted snakeheads.org the right to publish it on the org's site. The copyright of text and the photos is still with the authors/photographers in full amount.

© 2001 - 2003 snakeheads.org HOME of this page